Mieke Wolter war in Honduras als Freiwillige mit PBI im Einsatz. Nun ist sie seit einem halben Jahr wieder zurück und berichtet in diesem Beitrag von ihren Erfahrungen im Team und der Begleitung der MenschenrechtsverteidigerInnen.
Ende März 2019 reiste ich als PBI-Freiwillige für ein Jahr nach Honduras. Das Haus der Freiwilligen, in dem ich lebte und arbeitete, befindet sich in der Hauptstadt Tegucigalpa, wo auch die Büros von vier der aktuell sechs durch PBI begleiteten Organisationen ihren Sitz haben.
Intensives Zusammenleben
In Bezug auf das Zusammenleben und –arbeiten am selben Ort mit anderen internationalen Freiwilligen habe ich viel mitgenommen. Ich habe erlebt, dass es viele Faktoren gibt, die sich auf das Zusammenleben und die Dynamiken einer Gruppe auswirken, und dass man kommunizieren kann, ohne anzugreifen und ohne sich angegriffen zu fühlen.
Eine wesentliche Herausforderung während meines Einsatzes bestand für mich darin, dass die zeitliche und räumliche Freiheit von uns Freiwilligen um ein Vielfaches reduziert war. Der Lebensmittelpunkt war das Haus, in dem wir wohnten und arbeiteten – wenn die Situation es erforderte bis zu 24 Stunden an sieben Tagen die Woche. Selbst ein kurzer Gang um die Ecke musste aus Sicherheitsgründen mit dem Team abgesprochen werden.
Für unsere Arbeit war es besonders wichtig, dass wir als Gruppe harmonierten. Auf struktureller Ebene ist dies klar: Entscheidungen werden bei PBI im Konsens getroffen. Dominierende und weniger dominante Charaktere lassen sich dadurch jedoch nicht aufheben. Aber eine offene, gewaltfreie Kommunikation kann auf Unterschiede eingehen und diese in Stärken umwandeln.
Inspirierend, belebend und Mut machend
Es gab immer wieder Rückmeldungen von den begleiteten MenschenrechtsverteidigerInnen, dass die Präsenz von PBI sehr wertvoll ist. Oft wurde uns gesagt, dass sie ohne unsere Präsenz wesentlich mehr Angriffen und Anfeindungen ausgesetzt oder gar tot wären. Die Begleitung von PBI schafft einen Schutzraum, in dem sich die AktivistInnen für Menschenrechte in ihrem Land einsetzen können. Sie erfahren durch das internationale Interesse, welches ganz offensichtlich über die physische Präsenz erkannt werden kann, eine Aufwertung ihrer Arbeit für die Menschenrechte.
Neben den Begleitungen zu verschiedenen Veranstaltungen (Kundgebungen, Gerichtsverhandlungen, etc.) und den Treffen mit nationalen und internationalen Behörden (Bürgermeister, Polizei, Militär, nationales Bündnis für Menschenrechte, Botschaften) gab es jedoch auch sehr viel Arbeit im Büro — dazu zählte neben aufwendigen Entscheidungsprozessen insbesondere das akribische Festhalten von allen relevanten Informationen. Auch wenn ich manchmal die Geduld verlor, so sehe ich, dass damit ein wichtiger Beitrag zu einem vollständigen Bild der Situation vor Ort geleistet wird. Das ist auch eine der Stärken von PBI: den Informationsfluss nicht abreissen zu lassen, damit Kontinuität bei der Begleitung durch wechselnde Freiwillige garantiert werden kann.
Trotz der frustrierenden Realitäten im eigenen Land haben die AktivistInnen, die ich getroffen habe, einen unerschütterlichen Kampfgeist, der sie unermüdlich und mutig den Weg auf der Suche nach Gerechtigkeit gehen lässt. Ich hoffe, dass sich genau diese Haltung in meiner Erinnerung an dieses für mich kräftezehrendes Jahr verwurzeln kann. Ich staune darüber, dass es AktivistInnen gelingt in einem Land wie Honduras, in dem gefestigte Institutionen kaum existieren, sich innerhalb ihrer eigens aufgebauten Strukturen für Menschenrechte zu engagieren und somit ein Handlungsfeld zu schaffen. Und ich bin froh, dass Organisationen wie PBI dazu beitragen, dass diese Räume erhalten und geschützt werden und ich im Rahmen meiner Freiwilligentätigkeit dazu beitragen konnte.
Mieke Wolter, PBI Deutschland
Weitere Informationen
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