Direkt zum Inhalt

Mexiko: Ohne Schutz der MRV können die Rechte der MigrantInnen nicht verteidigt werden

Mexiko: Ohne Schutz der MRV können die Rechte der MigrantInnen nicht verteidigt werden

Während in Europa die Behörden mit grossen Migrationsströmen konfrontiert sind, führt Sie PBI nach Saltillo, im Norden Mexikos, wo die Verteidigung der Rechte der MigrantInnen eng mit dem Schutz von MRV verbunden ist.

Saltillo, die Hauptstadt des Bundesstaats Coahuila, im Norden Mexikos, kann mit der italienischen Insel Lampedusa verglichen werden. Lampedusa stellt für Tausende MigrantInnen ein Eingangtor nach Europa dar, während Saltillo an der Grenze zu den USA liegt. Täglich reisen Menschen durch dieses Transitgebiet Richtung Norden. In Lampedusa werden die MigrantInnen auf ihrem leidvollen Weg durch verschiedene Organisationen unterstützt. In Saltillo hingegen sieht die Realität anders aus. Hier ist es gefährlich, die Rechte der MigrantInnen zu verteidigen. Bisher hat nur eine Organisation den Mut gehabt, diese Aufgabe zu übernehmen: Die Casa del Migrante de Saltillo, welche die Anliegen der MigrantInnen sichtbar macht, damit ihre Rechte anerkannt und garantiert werden.

Schützen, um besser zu verteidigen

Der Leiter der Organisation, Alberto Xicotencatl, verurteilt die mexikanische Politik, die den armen Bevölkerungsgruppen keine Alternativen zur Migration gibt. "Wir fordern im Namen der MigrantInnen das Recht auf Bewegungsfreiheit, Gesundheit, Gerechtigkeit, Nationalität, Unterkunft und ein freies Leben ohne Gewalt", sagt der Aktivist im Interview mit PBI-Mexiko. Damit die Casa del Migrante de Saltillo die Rechte der MigrantInnen verteidigen kann, ist sie auf Schutz angewiesen. In dieser Region Mexikos sind nur wenige internationale Organisationen tätig, darunter PBI, die die Organisation in ihren Aktivitäten begleitet. "Es ist wichtig, dass wir eine Organisation an unserer Seite haben, die auf neutrale Art und Weise politischen Druck ausübt", erklärt Alberto Xicotencatl, der es begrüsst, dass PBI seine Augen auf einen Ort richtet, wo vorher niemand hinblickte.

Menschenrechte verteidigen, bedeutet Gewalt und Übergriffe

In Coahuila sind die MRV täglich Übergriffen ausgesetzt, wobei deren Anzahl seit 2009 zugenommen hat. "Alle Mitglieder des Teams sind Angriffen, Belästigungen und Morddrohungen ausgesetzt", sagt Alberto Xicotencatl. „Vor drei Jahren versuchten Angreifer mich auf dem Heimweg aus meinem Auto herauszuzerren. Ich wurde lediglich verschont, weil ich schnell flüchten konnte“, betont er. Danach, im Jahr 2013, drang eine schwerbewaffnete Eliteeinheit der Polizei in die MigrantInnenherberge ein, mit dem Vorwand, dass sie Kriminelle beherbergen würden. In einem dermassen schwierigen Arbeitsumfeld ist es nachvollziehbar, dass sich der Alltag der MRV verändert. "Morgens um fünf Uhr kann ich beispielsweise nicht von einer Hochzeit zurückkehren. Ich komme auch nicht umhin stets zu überprüfen, ob alle Türen meines Hauses verschlossen sind", sagt Alberto Xicotencatl. "Wenn ein Mitglied unseres Teams ein Programm hat, muss er es einer Kollegin/einem Kollegen mitteilen; es gibt keine Privatsphäre. Aber das haben wir so gewählt!", fügt er an.

Folter und kleine Erfolge

Ungeachtet der Einschüchterungen, denen sie ausgesetzt sind, geben die Mitglieder der Casa del Migrante de Saltillo nicht auf. Dank ihrer Entschlossenheit und der Begleitung von PBI, können sie kleine Erfolge verzeichnen. Im Jahr 2013 dokumentierte Casa del Migrante de Saltillo 35 Folterfälle, die von der Polizei gegen MigrantInnen verübt wurden. Darunter waren der sexuelle Missbrauch von Frauen, die Folter von Eltern in Anwesenheit ihrer Kinder, Stromschläge im Genitalbereich und die Einführung von Schadstoffen oder heissem Wasser in die Nasenlöcher der MigrantInnen. Das Ausmass der Ereignisse hat in der Presse einen derart massiven Skandal ausgelöst, dass die Regierung eine Untersuchung einleiten musste. Darüber hinaus kann Casa del Migrante de Saltillo stolz darauf sein, eine tiefgreifende Änderung der Mentalitäten in Saltillo erreicht zu haben. "Als wir unsere Arbeit aufnahmen, sammelten die BewohnerInnen der Stadt Unterschriften, um die Schliessung unserer Räumlichkeiten zu fordern und warfen sogar Steine gegen das Zentrum. Heute jedoch geben die gleichen Leute den MigrantInnen etwas zu Essen", sagt Alberto Xicotencatl zufrieden. Der MRV vergisst die kleinen Erfolge nicht: "Vor drei Jahren boten wir einer Frau aus El Salvador, die vor häuslicher Gewalt geflüchtet war und in Guatemala sexuell missbraucht wurde, Schutz an. Nachdem sie ihren Entführern entkommen konnte, fand sie bei uns Zuflucht. "Nachdem die Frau intensive psychologische Unterstützung erhielt, fand sie Arbeit und ist jetzt unabhängig. "Das ist einer unserer wahren Erfolge!", freut sich Alberto Xicotencatl, und die Zukunft wird sicherlich noch viele weitere bringen.