Da physische Events nicht möglich waren, organisierte PBI Schweiz anfangs Juni 2020 eine Reihe virtueller Treffen mit Germán Romero. Der kolumbianische Anwalt und Menschenrechtsverteidiger (MRV) wird seit 2016 von PBI begleitet. In Gesprächen berichtete Romero von den schweren Menschenrechtsverletzungen, die in Kolumbien begangen werden, und erzählte von den direkten Bedrohungen, denen er durch seine Arbeit ausgesetzt ist.
Vom dritten bis zwölften Juni 2020 organisierte PBI Schweiz mehrere Treffen zwischen dem kolumbianischen Anwalt und Schweizer Instanzen und Zeitungen. Als Mitglied des Netzwerks von MRV, dhColombia, vertritt Germán Romero die Opfer von schweren Menschenrechtsverletzungen, darunter aussergerichtliche Hinrichtungen und Verschwindenlassen. Aufgrund seiner Arbeit wird er häufig Opfer von Drohungen und Verfolgung.
Wiederholte Überwachungsskandale
Im Interview mit einem Journalisten der Schweizer Tageszeitung Le Courrier sprach Germán Romero über den Überwachungsskandal durch die kolumbianische Armee, von dem RichterInnen, JournalistInnen, PolitikerInnen, GewerkschafterInnen und MRV betroffen sind. Der von der Zeitschrift Semana am 1. Mai 2020 aufgedeckte Fall ist jedoch kein Einzelfall. Romero spricht von einer weit verbreiteten und wiederholten Praxis, um all jene zu verfolgen und zu verunsichern, deren Ideen und Aktivitäten für die herrschende Elite lästig und unangenehm sein könnten.
«Nur von ein paar 'schwarzen Schafen' in der kolumbianischen Armee zu sprechen, wäre eine Vertuschung. Wir haben es mit einem sehr gut organisierten, regulierten und zentralisierten Apparat zu tun, der versucht, die Stimmen der Opposition und der MRV zum Schweigen zu bringen.»
Dieser erneute Angriff auf das Recht auf Privatsphäre zeigt deutlich, dass MRV ihr Leben sowie häufig das ihrer Nächsten riskieren, um ihre Arbeit durchzuführen. Germán Romero erklärt, das die herrschende Straffreiheit die Situation zusätzlich verschärft. Grund dafür ist insbesondere die Korruption, die die kolumbianischen Institutionen durchzieht.
Der erneute Überwachungsskandal muss auch im Kontext des stockenden Friedensprozesses gesehen werden. Verschiedene Verfahren zur Wiedergutmachung und Aufklärung von Verbrechen beruhen auf der Arbeit und den Informationen von MRV.
Treffen mit VertreterInnen des UNO-Hochkommissariats für Menschenrechte
Germán Romero traf sich auch mit VertreterInnen der Sonderverfahren des UNO-Hochkommissariats für Menschenrechte und einem Vertreter des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten. Die Diskussionen konzentrierten sich auf die Probleme des militärischen Nachrichtendienstes in Verbindung mit der Straflosigkeit, dem nicht funktionierenden Rechtsstaat und dem Verschwindenlassen von Personen sowie die Notwendigkeit die MRV zu schützen.
Germán Romero zeigte in den Gesprächen auf, dass sich in Kolumbien beunruhigende Muster etabliert haben, die die Aufrechterhaltung und Verteidigung der Menschenrechte erschweren und langfristig gefährden. PBI verfolgt die Situation der Menschenrechte vor Ort weiterhin genau, denn internationale Aufmerksamkeit ist nun wichtiger denn je.
Weitere Informationen
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Société civile épiée en Colombie, Le Courrier, 12.06.2020