Imelda Teyul ist seit acht Jahren Koordinatorin des Comité Campesino del Altiplano de las Verapaces (CCDA), das sich für die Rechte der indigenen- und Bauerngemeinschaften einsetzt. Am 18. Mai war sie auf Einladung von PBI in Bern, um über die gewaltsamen Landvertreibungen der indigenen Gemeinschaften in Alta Verapaz zu berichten und Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft zu fordern.
Guatemala ist eines der weltweit gefährlichsten Länder für Menschenrechts- und Umweltverteidiger*innen. Auch in der Region Alta Verapaz im Norden von Guatemala, dem Tätigkeitsgebiet von Imelda Teyul, sind Aktivist*innen stark von Kriminalisierung und Verfolgung betroffen. Sie werden oft bedroht, eingesperrt oder sogar ermordet, weil sie ihr Land und dessen natürliche Ressourcen schützen wollen.
Zu den gravierendsten Problemen in der Region Alta Verapaz gehören aktuell gewaltsame Landvertreibungen von indigenen Bauerngemeinschaften, aufgrund wirtschaftlicher Interessen grosser Landbesitzer und transnationaler Konzerne. Am Fluss Cahabón werden beispielsweise mehrere Wasserkraftwerke gebaut, die das Recht auf Wasser für die lokale Bevölkerung gefährden. Diese Projekte wurden ohne vorherige Absprache mit den indigenen Gemeinschaften, die seit vielen Generationen auf diesem Land leben, gestartet.
Konstruierte Verfahren gegen Menschenrechts- und Umweltverteidiger*innen
Unter den kriminalisierten Umweltverteidiger*innen im Fall des Widerstands gegen die Wasserkraftprojekte am Fluss Cahabón ist auch Bernardo Caal. Er wurde Ende März nach vier Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen. Leider ist er längst nicht der einzige, der mit falschen Anklagen und konstruierten Verfahren konfrontiert ist. Imelda Teyul weist während ihrer Speaking Tour auch auf die Fälle von Jorge Coc Coc und Marcelino Xol Cucul hin, die sich beide für die Landrechte indigener Gemeinschaften in Alta Verapaz einsetzen und 2018 zu einer Freiheitsstrafe von 35 Jahren ohne Bewährung verurteilt wurden. Beiden wird eine Gewalttat vorgeworfen, die sie nicht begangen haben können. Zeugen bestätigen, dass keiner der beiden Männer am Tag der Tat vor Ort gewesen war. Die Prozesse gegen Jorge Coc und Marcelino Xol weisen, wie auch bei Bernardo Caal, widersprüchliche, nicht belegbare Anklagen auf.
Die Anwält*innen der beiden Menschenrechtsverteidiger erhoben Einsprache gegen das Urteil und erreichten nun eine erneute öffentliche Anhörung, die für den 11. Juni 2022 angesetzt ist. PBI hat Imelda Teyul während der Speaking Tour in der Schweiz zu Gesprächen mit Vertreter*innen des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten und Vertreter*innen des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte begleitet, um u.a. auf diesen Fall aufmerksam zu machen und die internationale Gemeinschaft zum Handeln aufzufordern.
Fehlende Unterstützung
Imelda Teyul macht als Koordinatorin des CCDA auf die konstante Missachtung der Menschenrechte in Alta Verapaz aufmerksam. Sie berichtete, dass die Lage für sie sehr schwierig sei, da sie in Guatemala mit keiner Unterstützung rechnen können. Gewalttaten gegen Menschenrechts- und Umweltverteidiger*innen werden selten bestraft. Hinzu kommt die vom Staat durchgesetzte Schliessung jener öffentlichen Institutionen, die für die Überwachung der Menschenrechte und die Umsetzung der Friedensverträge von 1996 zuständig wären. Aber die mutige Aktivistin hat nicht vor, aufzugeben. Die Unterstützung durch PBI und die internationale Solidarität sind zentral für ihre Arbeit und geben ihr Mut: „Es ist wichtig für uns zu wissen, dass wir nicht alleine sind."
Mehr Informationen
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Guatemala: Megaprojekte und gewaltsame Landvertreibungen in Alta Verapaz, Bern, 18.05.2022
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Filmabend "Nuestras Madres", Genf, 20. Mai 2022
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Lesbia Artola: „Menschenrechtsverteidigerin und Frau zu sein ist schwierig“, Artikel zum Besuch der Co-Koordinatorin des CCDA, Lesbia Artola, in der Schweiz im März 2019